Nicht alle Gletscher schrumpfen

publiziert: Mittwoch, 2. Mai 2007 / 20:51 Uhr / aktualisiert: Mittwoch, 2. Mai 2007 / 22:27 Uhr

Würzburg - Die Folgen des globalen Klimawandels scheinen nicht überall auf der Welt die gleiche Wirkung zu entfalten: Stefan Winkler vom Lehrstuhl für Geographie I der Universität Würzburg hat in den Southern Alps auf Neuseeland nachweisen können, dass die Gletscher dort kräftig anwachsen.

Stefan Winkler am Gletschertor des Franz-Josef-Glacier.
Stefan Winkler am Gletschertor des Franz-Josef-Glacier.
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Der Wissenschaftler weist im Interview mit pressetext allerdings darauf hin, dass dies keineswegs ein Indiz dafür sei, dass der Klimawandel doch nicht so schlimm ist, wie befürchtet.

«Der Klimawandel ist der gleiche, allerdings wirkt sich die Veränderung in unterschiedlichen Regionen auch unterschiedlich aus», so Winkler. Es sei eben nicht wahr, dass überall auf der Welt die Temperatur in gleichem Masse steige.

«Die Ergebnisse sind also kein Beleg dafür, dass es keine Klimaerwärmung gibt.» Im Rahmen eines von der Deutschen Forschungsgemeinschaft geförderten Projekts hat sich der Geograph zwei Monate lang in Neuseeland aufgehalten und dort die Gletscher untersucht.

Weniger Daten

«Die Gletscher in Neuseeland sind nicht so genau dokumentiert worden, wie etwa jene in Europa», erklärt der Forscher. Allerdings haben alle Untersuchungen, die dort seit den 1980er Jahren durchgeführt wurden, diese Ergebnisse bestätigt.

«Während in den meisten Hochgebirgen, so auch in den europäischen Alpen, aktuell ein deutlicher Gletscherschwund herrscht, stellen die Gletscher der südlichen Alpen Neuseelands eine grosse Ausnahme dar, denn hier rücken die Gletscherfronten deutlich vor.»

Extrem hohe Niederschläge

Winkler konnte beispielsweise feststellen, dass sich die Front des Franz-Josef-Gletschers innerhalb der vergangenen zwölf Monate um 84 Meter vorgeschoben hat. Auch der benachbarte Fox-Glacier hat im gleichen Zeitraum um 89 Meter zugelegt.

Bestätigt wurden die Messungen auch anhand von Aufnahmen aus dem Helikopter. «Ein Grund, warum die Gletscher hier anwachsen ist, dass sie sehr küstennah liegen und das Klima durch extrem hohe Niederschläge gekennzeichnet ist.»

Diese fallen im Sommer häufig als Schnee. Ausserdem kam es hier zu keinem nennenswerten Temperaturanstieg. «Die später zu Gletschereis umgeformten Schneemengen sind derart gross, dass trotz vergleichsweise hoher Lufttemperaturen Gletscher existieren und zum Teil bis auf nur 300 Meter über dem Meeresspiegel hinab fliessen können.»

Kein globales Verhalten

«Der Niederschlag spielt innerhalb der Massenbilanz dieser Gletscher, wie an den ebenfalls im Forschungsprojekt untersuchten maritimen Gletschern in West-Norwegen, eine weit bedeutendere Rolle als zum Beispiel im Alpenraum», erklärt der Experte.

Auch in West-Norwegen konnte der Forscher ein Wachstum der Gletscher feststellen, das allerdings in den vergangenen drei bis vier Jahren deutlich umgeschlagen hat. «Die Entwicklung der Gletscher auf Neuseeland zeigt eindrucksvoll, dass es kein globales Verhalten der Gletscher gibt.» Es sei sogar das Gegenteil der Fall.

Die häufig als Klimaindikatoren verwendeten Gletscher reagieren anscheinend sehr unterschiedlich selbst auf identische Klimaveränderungen. «Daher steht dieses Gletscherwachstum auch nicht in generellem Widerspruch zum aktuellen Klimawandel, sondern es ist als dessen Folge zu sehen.»

Folgen nicht pauschalisieren

Die meisten Klimaprognosen gehen von einer Niederschlagszunahme in küstennahen Bereichen aus, wenn die globalen Temperaturen steigen. Diese wird durch stärkere Verdunstung verursacht.

«Wenn dieser Niederschlag in küstennahen Hochgebirgen nun als Schnee fällt, kann daraus ein Gletscherwachstum resultieren.»

Die Folgen des aktuellen Klimawandels für die Gletscher dürften daher nicht pauschalisiert werden, so Winkler abschliessend im pressetext-Interview.

(rr/pte)

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