«Viele Kyoto-Länder schlechter als die USA»
Frankfurt am Main/Heiligendamm - Wenn die Vorzeichen stimmen, wird Bundeskanzlerin Angela Merkel ihre Klimaziele auf dem G-8-Gipfel nicht durchsetzen.
Dem amerikanischen Präsidenten George W. Bush wird in der öffentlichen Debatte die Rolle des Bremsers zugewiesen: «Der Klimawandel bietet eine gute Möglichkeit, den Antiamerikanismus grün zu streichen.»
«Die Wahrheit ist kleinteiliger. Die Amerikaner haben die Bedrohungen durch den Klimawandel längst ins Auge gefasst. Und sie sind nicht tatenlos geblieben. Vor allem in der Energieeffizienz haben sie dank erheblicher Investitionen in Technologien gewaltige Fortschritte gemacht. Ein erstes Ergebnis der Bemühungen kann sich sehen lassen: 2006 sanken die Kohlendioxid-Emissionen um 1,3 Prozent im Vergleich zum Vorjahr, während die Volkswirtschaft um mehr als drei Prozent wuchs.»
«Zur gleichen Zeit sind die Kohlendioxid-Emissionen in allen wichtigen Unterzeichnerländern des Kyoto-Protokolls ausser Deutschland gestiegen. In Grossbritannien, das sich seit kurzem leuchtend grün gibt, stiegen die Emissionen um mehr als drei Prozent», kommentiert die FAZ.
Eigene Hausaufgaben nicht erledigt
Radikale Ziele formulieren, ohne die eigenen Hausaufgaben zu erledigen, mache die Europäer nicht gerade glaubwürdig.
«Sie schreckt die Schwellenländer China, Indien und Russland sogar ab, die den Verdacht formulieren, dass Europa die wirtschaftliche Aufholjagd der armen Länder mit Umweltschutzauflagen bremsen will.»
«Auch wollen sich die Ärmeren nicht in ihre Energiepolitik hineinregieren lassen von reichen Ländern, deren Bürger fünfmal so viel Dreck emittieren», führt die FAZ weiter aus.
Realpolitisch sinnvolle Schritte
«Mit Pragmatismus, technischen Innovationen und einer gewaltigen Forschungsoffensive machen uns die Amerikaner vor, wie man Umweltschutz nach vorne bringt.»
«Bush konzentriert sich auf realpolitisch sinnvolle Schritte, wie die Reduktion der Abhängigkeit vom Öl oder die Einführung von sauberer Kohleverbrennung. Entsprechend selbstbewusst kann der amerikanische Präsident seine eigenen Pläne forcieren und mit den 15 grössten Emittenten von Kohlendioxid Ende des Jahres eine Klimastrategie entwickeln, die Merkels Pläne durchkreuzen.»
«In Deutschland überschlagen wir uns mit Forderungen nach Steuererhöhungen, Verboten, Restriktionen, utopischen Zielen und moralischen Appellen. Das wird uns nicht weiterbringen», warnt Tobias Janssen, Geschäftsführer der Goldfish Holdings in Düsseldorf und Mitglied im Executive Board American Chamber of Commerce.
Geistiger Stillstand
Sein Unternehmen ist beteiligt an Projekten zur Produktion von Biodiesel und beim Bau von Offshore-Windkraftwerken. Es helfe nicht weiter, wenn Politiker als Warnergilde auftreten und sich im Robin Hood-Stil als Verfechter für die «gute Sache» ausgeben.
«Geopolitisch macht es Sinn, den Anteil der fossilen Energie runterzufahren. Aber ständig mit der Klima-Apokalypse zu drohen, bewirkt eher geistigen Stillstand und Defätismus. Übertreibung führt über kurz oder lang zur Abstumpfung.»
«Vielleicht sollte sich die Bundeskanzlerin einmal die Frage stellen, ob es mit staatlichen Massnahmen überhaupt gelingen kann, das Weltklima zu retten. Europa wird es jedenfalls nicht schaffen. Hier lebt ungefähr die halbe Bevölkerung Indiens. Die Fläche ist so gross wie die Brasiliens», so der Einwand von Janssen.
Zu viel Energie für Futter
Der Wissenschaftler und Buchautor Joseph H. Reichholf habe eindrucksvoll beschrieben, was sich dort abspielt.
Die Vernichtung des Regenwalds: «Ein Grossteil davon liegt an den gigantischen Mengen an Futtermitteln, die wir aus Südamerika einführen. Für den Soja-Anbau werden riesige Flächen entwaldet. Die Kohlendioxid-Emissionen können nicht ausreichend kompensiert werden, weil Tropenwälder nicht schnell genug nachwachsen.»
Die Erzeugung und der Transport von Futtermitteln für unser Stallvieh verbraucht zu viel Energie. Zudem wird dieser Irrsinn auch noch subventioniert. Frau Merkel sollte beim G-8-Gipfel weniger mit dem Finger auf den amerikanischen Präsidenten zeigen, sondern sich lieber selber an die eigene Nase fassen«, sagt Janssen.
(rr/pte)
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